
Der Schweizer Soziologe Prof. Martin Hafen beschäftigt sich mit dem Phänomen „Return of Invest“. Er rechnet vor, was beispielsweise die präventive Familienarbeit an Folgekosten ersparen würde. Und er stellt die Frage nach den enormen Kosten die entstehen, wenn wir nichts tun würden. Bei der Früherkennung von Familien in prekären Lagen gibt es bei universalen Angeboten ein Ersparnis-Potenzial von bis zu 1:4. bedeutet, dass bei Investition von €1,- sich die Gesellschaft bis zu €4,- sparen kann. Und je fokussierter die Angebote ausgearbeitet werden, desto mehr werden diese Programme von Zielgruppen gewählt. Mit Ersparnis im Verhältnis bis zu 1:16.
Mehrere Sozialeinrichtungen in Vorarlberg haben sich letztes Jahr auf Einladung des Arbeitgeberverbandes der Vorarlberger Sozial- und Gesundheitsorganisationen sehr engagiert an der Erarbeitung einer Wirkungsanalyse beteiligt. Als Ergebnis von Workshops, Datenerhebung, Analyse und Auswertungen ist nun eine publizierte Version der Studie „Der gesellschaftliche Mehrwert der Sozialwirtschaft in Vorarlberg“ verfügbar: https://research.wu.ac.at/de/publications/der-gesellschaftliche-mehrwert-der-sozialwirtschaft-vorarlberg-en
Die Ergebnisse dieser Wirkungsanalyse zeigen deutlich, dass der gesellschaftliche Mehrwert einer funktionierenden Vorarlberger Sozialwirtschaft für die Gesamtgesellschaft unersetzlich ist. Dieser Beitrag betrifft dabei nicht nur die individuelle Ebene (psychisch, sozial, medizinisch, emotional), wohin er in den Diskussionen allzu schnell geschoben wird, sondern ganz klar die gesamte Gesellschaftsebene (social impact). Wenn beispielsweise 11% der Vorarlberger Bevölkerung Klient:innen von Ansprechstellen für Krisensituationen sind, wenn 9.000 Menschen im Sozialsektor beschäftigt sind und wenn 15.000 Angehörige entlastet und ihrer Arbeit nachgehen können, dann ist der Begriff Sozialwirtschaft mehr als gerechtfertigt.
Für das EFZ stellt aktuell die ausgewogen geteilte Finanzierung durch die öffentliche Hand und die Katholische Kirche Vorarlberg die Niederschwelligkeit der Angebote und die fachliche Unabhängigkeit des EFZ sicher. Die Unterstützung durch das EFZ erfolgt zu einem großen Teil kostenlos bzw. kostengünstig. Vor allem im Beratungskontext sollen damit Menschen erreicht werden, die sich psychologische Unterstützung oder Mediation sonst nicht leisten können: ihnen soll professionelle Begleitung ermöglicht werden.
Das EFZ versteht einen solchen Einsatz von Ressourcen im Dienst der Menschen und der Gesellschaft ebenfalls als sinnvolle präventive Arbeit und damit als wirtschaftlich nachhaltige Investition. Denn die Investition in die Familienarbeit durch das Land Vorarlberg reduziert die Ausgaben des Sozialfonds zur Linderung der Folgen unentdeckter Problemfelder ums Mehrfache, wie bereits oben angeführt. Analog zur mittlerweile allgemein akzeptierten Delogierungsprävention zeigt sich der wirtschaftliche Beitrag des EFZ auf mehreren Ebenen: sei es durch Paarberatung, mit dem Ziel, die finanzielle Belastung durch die plötzliche Güter- und Kreditaufteilung mit der finanziell schwer leistbaren doppelten Haushaltsführung zu vermeiden; durch die Ehevorbereitung, mit dem Ziel durch das Krisen- und Konfliktmanagement die familiären Trennungen zu bewältigen, die oft existentielle Bedrohung in sich bergen; durch das Projekt Gigagampfa, das durch adäquate Verarbeitung der Traumata den späteren kostenintensiven Therapien zuvorkommt; durch die Familienberatung, die als kostenloses Angebot weiteren gröberen psychischen und körperlichen Folgen, aber auch der Kinderarmut und der eingeschränkten Arbeitsfähigkeit der Elternteile präventiv entgegenwirkt; durch die Familienwochen, die den finanziell und sozial überforderten Familiensystemen eine Entlastung bringen mit dem Ziel, den kostenaufwendigen Hilfsnetzwerken zuvorzukommen; oder durch Sexualpädagogik, die die wirtschaftlichen und psychischen Auswirkungen im Zusammenhang mit den ungewollten Schwangerschaften vermeiden.
Fazit: Die Kürzung der Förderungen, mit der die Einrichtungen von allen Seiten konfrontiert werden, ist tatsächlich eine Milchmädchenrechnung. Nicht nur unmittelbar bekommen die notleidenden Zielgruppen keine Unterstützung, sondern auch die sehr wertvolle Kompetenz der Sozialeinrichtungen schwindet durch Personalabbau und am meisten – aber unsichtbar – leiden wir als Gesellschaft, der es morgen sehr teuer zu stehen kommt.
Download-Link zum Überblick der Wirkungsanalyse:
https://research.wu.ac.at/ws/portalfiles/portal/61044580/WA_SW_Vbg_Folder_Endergebnisse_online.pdf
Bohuslav Bereta