
Markus Theunert hob hervor, dass Männer in der heutigen Gesellschaft mit einer Vielzahl widersprüchlicher Erwartungen konfrontiert sind, die ihre Identität und ihre gesellschaftliche Rolle erschweren. Sie sollen sowohl gefühlvoll als auch stark sein, sich aktiv in der Care-Arbeit engagieren und gleichzeitig in der Erwerbsarbeit erfolgreich sein. Diese Forderungen an Männer stehen oft im Spannungsfeld zwischen traditionellen Männlichkeitsvorstellungen und den modernen Anforderungen an Gleichstellung und Verantwortung.
Ein Wirkungsmodell verdeutlicht, dass der Übergang von der rechtlichen zur tatsächlichen Gleichstellung nur durch eine Neugestaltung der Geschlechterverhältnisse gelingen kann, bei der die aktive Beteiligung von Männern eine zentrale Rolle spielt. Männerpolitik wird dabei nicht nur als Impulsgeber und Chance für den Gleichstellungsprozess verstanden, sondern auch als Provokation, da sie unmissverständlich die gleichwertige Teilhabe an der Definitionsmacht in der Gleichstellungspolitik fordert.
Eli Scambor erklärt, dass Männlichkeit keine feste Eigenschaft von Männern ist, sondern eine soziale Praxis, an der alle Geschlechter beteiligt sind. Diese Praxis hat weitreichende Folgen, die sich in Phänomenen wie dem Gender Pay Gap und dem Gender Care Gap widerspiegeln. In den letzten Jahren hat sich jedoch einiges verändert: Immer mehr Männer beteiligen sich aktiv an Care-Arbeit und diskutieren öffentlich über diese Themen.
Scambor stellt anschließend das Konzept der „Caring Masculinities“ vor: eine Form von Männlichkeit, die sich von traditionellen, machtorientierten Männlichkeitsbildern unterscheidet. Diese „sorgende Männlichkeit“ umfasst nicht nur die Sorge um andere Menschen, sondern auch um sich selbst und die Umwelt, und ist ein wesentlicher Bestandteil sozialer Zusammenarbeit.
Männer, die sich an Care-Arbeit beteiligen, erfahren eine bessere Beziehungsqualität und Gesundheit. Zudem geht die Gewalt in diesen Familien zurück. Das Festhalten an traditionellen Männlichkeitsvorstellungen hat dagegen negative Auswirkungen – nicht nur auf Frauen, sondern auch auf Männer selbst.
Abschließend schlägt Scambor vor, Caring Masculinities durch politische Rahmenbedingungen, wie etwa Karenzmodelle, zu fördern. Diese sollen vollständig genutzt werden können, wenn beide Elternteile die vollen Ansprüche in Anspruch nehmen, sowie der Zugang zu qualitativ hochwertigen, kostengünstigen Kinderbetreuungseinrichtungen. Eine Arbeitszeitverkürzung und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind ebenfalls notwendig, ebenso wie die Integration des Themas in das Bildungssystem.
Im Workshop „Projekt Männlichkeiten 2.1“ von Joel Wardegna aus Deutschland wurden neue Ansätze zur Arbeit mit Jungen und Männern diskutiert. Zudem boten Michael Schirmer und Bernhard Dünser einen Raum zum Austausch über Praxiserfahrungen in der Jungen- und Männerarbeit. Neben Fachvorträgen und Workshops lag ein besonderes Augenmerk auf dem Praxistransfer und der gemeinsamen kollegialen Reflexion.
Rund 100 Teilnehmende aus den Bereichen Soziales, Jugendarbeit, Pädagogik, Psychologie, Fach- und Hochschulen, Verwaltung, Justiz, Polizei, Bildung, Gesundheit, Suchtprävention, Politik und Ländern haben an der ersten Internationalen Euregio-Fachtagung teilgenommen. Sie kamen aus Deutschland, Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und Luxemburg. Die Veranstaltung förderte lebendige Dialoge und wertvolle Impulse zur Gleichstellung von Jungen und Männern.
„Die Fachtagung war Wochen im Voraus ausgebucht – ein klares Zeichen für das große Interesse an diesem wichtigen Thema. Ein herzliches Dankeschön an alle, die zur erfolgreichen Veranstaltung beigetragen haben“, so Bürgermeister Michael Ritsch und Stadträtin Annette Fritsch.
Die Fachtagung wurde von einem internationalen Arbeitsbündnis veranstaltet. Neben der Dienststelle Frauen, Gleichstellung, LGBTIQ+ und Zusammenleben der Landeshauptstadt Bregenz als Hauptorganisator war das Ehe-und Familienzentrum Bestandteil dieses Arbeitsbündnisses.
Christian Hofer